Podiumsdiskussion Cottbus

17.30-19.30 Uhr Stadthaus

„Die 90er in Deutschland, Polen und Russland – Von der Erinnerung in die Zukunft“

Was haben Umbruch und Transformation in der Gesellschaft Deutschlands, Polens und Russlands ausgelöst, wie wirken sie bis heute in den Köpfen der Menschen nach und wie prägen sie die Wahrnehmung der Gegenwart? Welche Unterschiede gibt es in den drei Ländern, welche Gemeinsamkeiten? Was folgt daraus für den heutigen und vor allem auch den zukünftigen gesellschaftspolitischen Dialog?

Mit Marianne Birthler, ehemalige Bürgerrechtlerin, 1990-1992 Ministerin für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, anschließend Sprecherin Bündnis 90/Die Grünen, 2000-2011 Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Berlin
Czesław Fiedorowicz, Vorsitzender des Sejmik der Wojewodschaft Lubuskie, Mitbegründer und Präsident der Euroregion Spree-Neiße-Bober, ehemaliger Bürgermeister von Gubin
Andrej Netschajew, Vorsitzender der Partei „Bürgerinitiative“, Wirtschaftsminister Russlands 1992-93

Moderation: Robert Baag, Deutschlandfunk

Marianne Birthler_Hoffotografen Berlin

© Hoffotografen Berlin

3 Fragen an Marianne Birthler

1. Ein Viertel Jahrhundert Wandel: Beinhalten die Themen Wiedervereinigung, Solidarnosc und Perestroika nach 25 Jahren denn noch Brisanz?

Unbedingt. Erstens, weil unsere Geschichte ein Teil von uns ist, und Geschichtsvergessenheit deshalb immer auch bedeutet, sich selbst nicht ernst zu nehmen. Zweitens kann uns die Erinnerung an die erfolgreichen europäischen Revolutionen helfen, hoffnungsvoll neue Herausforderungen anzunehmen. Und drittens ist wichtig zu wissen: Nichts muss so bleiben, wie es ist.

2. Perspektivenwechsel: Wie haben Sie als Bürgerrechtlerin in der DDR den politischen Wandel in Polen und Russland wahrgenommen?

Solidarnosc und der Mut der polnischen Bürgerinnen und Bürger waren für uns immer Hoffnungszeichen und Vorbild in einem. Zwischen den Akteuren in Polen und der DDR-Opposition gab es trotz Reiseverboten auch stets enge persönliche Kontakte.
„Perestroika“ hieß für uns (und die anderen kommunistischen Länder) vor allem, dass die Entwicklung bei uns nicht mehr wie z.B. 1953, 1956 und 1968 durch Moskau kontrolliert wird und wir keine sowjetischen Panzer mehr fürchten müssen. Und natürlich hofften wir darauf, dass es auch bei uns zu einer gewissen Öffnung kommen würde.

3. Dialog durch Filme: Was können Filme im Dialog der verschiedenen Erinnerungskulturen leisten?

Filme bringen uns Menschen und Erfahrungen nah, die zeitlich der räumlich weit von uns entfernt sind, nicht zuletzt, weil sie nicht nur unseren Verstand, sondern auch unser Gefühl, ob Mitgefühl, Zorn oder Solidarität, ansprechen. Sie machen Geschichte lebendig und sind deshalb ein nicht wegzudenkender Teil unserer Erinnerungskutur.

Die Fragen stellte Anne-Kathrin Schöler-Rensch, Pressereferentin des FilmFestival Cottbus